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Die Anfänge

Wie war der Neuanfang in Palästina/Israel?

Was bedeutete es für die ZeitzeugInnen, ein neues Leben in Palästina/ Israel zu beginnen? Sie verließen unfreiwillig Österreich und verloren ihre Heimat, ihre Sprache, ihre FreundInnen und vor allem viele Familienmitglieder. Oft konnten die Flüchtlinge nur illegal einwandern. Viele wurden von den britischen Behörden nicht ins Land gelassen, sondern in einem Lager untergebracht. Sie wussten nicht, wie lange sie festsitzen und wie die Zukunft aussehen würde.

Die Ankunft in Palästina/Israel war meist mit einer sozialen Deklassierung verbunden. Die Elterngeneration hatte es ohne Sprachkenntnisse besonders schwer, zumal sie auch nicht mehr im alten Beruf tätig sein konnte. Die Jungen taten sich leichter, eine neue Existenz aufzubauen. Doch auch unter ihnen befanden sich viele, die zunächst einen sozialen Abstieg verkraften mussten. Statt des Besuchs einer Höheren Schule oder des Eintritts ins elterliche Geschäft wie in Österreich mussten sie in ihrer neuen Heimat einen Beruf ergreifen, an den sie vor ihrer Vertreibung nie gedacht hätten. Nicht selten übten sie Tätigkeiten in der Landwirtschaft aus, die für sie völlig ungewohnt waren.

Eine große Herausforderung stellte das Erlernen des Hebräischen dar. Zusätzliche Schwierigkeiten bereiteten die fremden Schriftzeichen. Vorteile hatten die religiös eingestellten Vertriebenen durch ihr Bibelstudium und die ZionistInnen, die sich bereits vor ihrer Flucht mehr oder weniger sprachlich vorbereitet hatten. Die meisten österreichischen Jüdinnen und Juden mussten ihre Muttersprache und damit einen wichtigen Teil ihrer Identität hintanstellen, um das Hebräische rasch zu erlernen. Deutsch war zudem die Sprache der TäterInnen und daher in der israelischen Öffentlichkeit längere Zeit verpönt. Die große Hypothek für die Vertriebenen war das Zurücklassen vieler Familienmitglieder in Österreich. Einige der ZeitzeugInnen mussten jahrzehntelang nach dem Krieg mühsam Nachforschungen anstellen, was mit den Eltern und Geschwistern, dem Onkel und der Tante geschehen war. In Israel ein neues Leben zu führen, bedeutete deshalb ein Leben in Ungewissheit, bedeutete meist, mit dem Schmerz über den gewaltsamen Tod geliebter Menschen leben zu müssen. Eine der Strategien des Umgangs damit war Schweigen.

Viele richteten den Blick nach vorne: Es galt, das Land aufzubauen und mitzuhelfen, das Überleben des Staates Israel zu sichern. Für die Jungen war das Leben unter Gleichaltrigen und das damit verbundene Gefühl von Zusammengehörigkeit besonders wichtig. Teilweise diente die Jugendgruppe auch als Familienersatz. Im Mittelpunkt ihrer Lebenspläne stand bei den meisten, eine Familie zu gründen und Kinder aufzuziehen.

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